Henri

Dies ist die Geschichte von Henri, unserem kleinen »Blaubär«, der am 13.August 1999 mit einem Herzfehler, dem hypoplastischen Linksherzsyndrom, geboren wurde.

Dass Henri mit einem Herzfehler auf die Welt kommen sollte, wussten wir (Regine [Bericht] und Jens) schon ab der 20.Schwangerschaftswoche. Die genaue Diagnose stand jedoch lange nicht fest, da es unser kleiner Mann immer wieder gut verstand, sich beim Ultraschall nicht gerade von seiner besten Seite zu zeigen. Da wir nicht zu den Eltern gehörten, die sich von da an mit dem Thema »Herz« ausführlich beschäftigt haben, was wir im Nachhinein auch nicht bedauern, haben wir versucht, den Rest der Schwangerschaft so gut wie es eben ging zu verbringen. Unser Sohn Vincent (knapp 2Jahre älter als Henri) hat uns sehr dabei geholfen und wir hatten die Hoffnung, dass alles gut werden würde. Auch die Ärzte haben uns immer unterstützt und uns Mut gemacht.

An einem Freitag, den 13. August 1999 (einen Tag vor dem errechneten Termin), sollte es dann soweit sein. Nachdem die Geburt eingeleitet wurde, hatte es Henri sehr eilig und war innerhalb von zwei Stunden mit 4.120g und 56cm auf der Welt. Er sah etwas bläulich aus (daher sein Spitzname »Blaubär«), schrie aber sofort kräftig und seine Sauerstoffsättigung lag bei über 90%, so dass wir ihn noch ein paar Minuten bei uns haben durften, bevor er auf die Intensivstation verlegt wurde. Dort wurde er eingehend untersucht und man erklärte Jens, meinem Mann, später die genaue Diagnose und die drei Schritte der Norwood-Operation. Das alles mussten wir erst einmal verdauen.

Die Ärzte nahmen Kontakt mit der Christian-Albrechts-Universität in Kiel auf und vier Tage nach seiner Geburt wurde Henri mit dem Hubschrauber nach Kiel geflogen. In Kiel wurden wir nochmals ausführlich über Henris Herzfehler informiert und man sagte uns, dass es berechtigte Hoffnung auf eine Zukunft für ihn gäbe. Am sechsten Tag nach seiner Geburt wurde dann die erste von drei Operationen erfolgreich durchgeführt.

Henri hatte den ersten Schritt geschafft und außer leichten Krampfanfällen und ein paar Herzrhythmusstörungen am zweiten postoperativen Tag (die aber zum Glück nur von kurzer Dauer waren) erholte er sich schnell. Elf Tage nach der Operation wurde Henri dann wieder in die Klinik an unserem Wohnort verlegt, und nach für uns unendlich langen fünf Wochen konnten wir Henri nach Hause holen. Hier erholte er sich prächtig. Es gab zum Glück keine Probleme mit der Nahrung, so dass er stetig zunahm und wuchs.

Bedingt durch sein schnelles Wachsen und gutes Gedeihen sollte die zweite Operation noch im selben Jahr erfolgen. Im November wurde dann der vorbereitende Herzkatheter gemacht. Anfang Dezember kam der Anruf, dass man Henri am 16.Dezember operieren wolle. Die zweite Operation verlief genauso glatt wie die erste und es gab keinerlei postoperative Komplikationen. Es war das schönste Weihnachtsgeschenk für uns. Pünktlich zum Jahreswechsel, also nur gut vierzehn Tage nach der Operation, konnten wir wieder alle zusammen nach Hause. Nach der zweiten Operation ging es Henri sehr gut. Vierteljährlich fuhren wir zur ambulanten Kontrolle nach Kiel und zwischendurch gingen wir zu einem Kinderkardiologen am Wohnort. An Medikamenten bekam Henri lediglich ASS. Bis die letzte Operation folgen sollte, hatte Henri Zeit, ein ganz normaler Junge zu sein. Er lernte mit 10 Monaten krabbeln und mit 16 Monaten laufen. In der Belastbarkeit war er etwas eingeschränkt (was aber eigentlich nur uns Eltern auffiel), er selber konnte das aber ganz gut auffangen.

Der letzte OP-Schritt erfolgte dann am 19. April 2002, vorher gab es noch zwei Herzkathederuntersuchungen, die Henri auch jedes Mal gut verkraftet hatte. Für uns Eltern war das im Nachhinein die schwierigste Operation, sollten wir doch ein „vermeintlich gesundes“ Kind an der OP-Schleuse abgeben. Da half es nur, alle Gefühle auszuschalten und nur den Verstand arbeiten zu lassen, da wir ja wussten, dass es einfach sein musste. Auch diesmal hatten wir großes Glück und die Operation verlief ohne jegliche Komplikationen und auch die Zeit danach war alles Bestens. Bereits 10 Tage nach der Operation durften wir mit einem quietschfidelen und deutlich belastbareren Henri das Krankenhaus verlassen.

Henri ging es sehr gut. Seine Belastbarkeit hatte enorm zugenommen. Er überraschte uns immer wieder. Dinge, wie z.B. Treppensteigen oder mal einen längeren Weg zu Fuß gehen machten ihm keine Probleme, und er machte es sogar freiwillig. Ab August 2003 ging er in einen Regelkindergarten und im September 2006 wurde er in eine Regelgrundschule eingeschult. Zwischenzeitlich hatte er Fahrradfahren und Schwimmen gelernt. Von 2007 bis 2009 hat Henri sogar mit seinem Bruder Handball im Verein gespielt. Unser Leben verlief nun völlig normal und nur die tägliche Einnahme einer kleinen Tablette (weiterhin ASS) und die 2x jährlich stattfindenden Herzkontrollen erinnerten daran, dass Henri „anders“ war als andere Kinder.

Mittlerweile ist Henri 13 Jahre alt und besucht die 7. Klasse einer Realschule. Sport und Musik sind seine Lieblingsfächer, die auch beide mit einer 2 im Zeugnis belohnt wurden. Seine neue Leidenschaft ist das Sportschießen und ein paar kleinere Pokale stehen schon auf seinem Regal.
Auch wenn Henri bisher so gut wie keine Einschränkungen in seinem Leben erfahren musste, ist ihm seine Krankheit schon bewusst und die Untersuchungen, wie auch der Herzkatheder im letzten Herbst, werden mit zunehmendem Alter immer kritischer betrachtet und das bisher immer gute Ergebnis, nicht als selbstverständlich hingenommen. Wir sind sehr dankbar dafür, dass alles so gut verlaufen ist und freuen uns, dass wir uns mit ganz alltäglichen Dingen eines Heranwachsenden beschäftigen dürfen.

Regine Pielawa
pielawa@fontanherzen.de
Hannover, September 2012

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