Zum Tag des herzkranken Kindes am 5. Mai 2024 starten wir unseren Blog. Hier wollen wir nach und nach Fragen rund ums „halbe Herz“ beantworten.
Los geht´s.
Immer wieder werden wir gefragt, wie der Herzfehler unserer Kinder und Erwachsenen richtig heißt. Halbes Herz, mit halbem Herz, mit halbem Herzen, Fontan-Herz, singuläres Herz, singular heart, univentrikuläre Herzen, Einkammerherzen, hypoplastisches Herz?
Prinzipiell sind alle Bezeichnungen richtig. Denn diese angeborenen Herzfehler-Gruppen gehören dazu:
- Hypoplastisches Linksherzsyndrom (HLHS)
- Hypoplastisches Rechtsherzsyndrom (HRHS)
- Double Inlet Left Ventricle (DILV)
- Double Outlet Right Ventricle (DORV)
- Pulmonalatresie
- Single Ventricle/Einkammerherz
Einige sehr individuelle Herzfehler-Kombinationen, bei denen Fontan-Kreislauf-Operationen notwendig sind, kommen hinzu.
Die Kinder-Herz-Kliniken und ihre Kinder-Herz-Chirurgien arbeiten ganz unterschiedlich: bei den Operationsschritten, bei Untersuchungen und Therapien. In manchen Kliniken wird beispielsweise eine Leber-Biopsie über die Lebervene per Herz-Katheter durchgeführt. Andere stellen das Lymphsystem mittels MRT oder CT dar. Nicht alle Kliniken verwenden Blutverdünner (Gerinnungshemmer/Antikoagulanzien) und verschreiben unterschiedlich Diuretika (Entwässerungsmedizin), Beta-Blocker oder Off-Label-Medikamente wie Kortison (Budesonid/Entocort) oder Viagra (Sildenafil).
Auch nicht immer kann ein Fontan-Kreislauf mit drei Operationen am offenen Herzen komplettiert werden. Einige Kinder müssen sogar in den Glenn-Status (= 2. OP-Schritt) zurückoperiert werden. Bei Herzfehler-Kombinationen ist es möglich, ein paar Jahre ohne Fontan-Kreislauf zu leben oder einen OP-Schritt auszulassen.
Schwerster angeborener Herzfehler “halbes Herz”
Und auch das gehört zum schwersten angeborenen Herzfehler „halbes Herz“: Selbst bei teilweise guten OP-Ergebnissen funktioniert der Fontan-Kreislauf nicht bei jedem operierten, herzkranken Baby oder herzkranken Kind einwandfrei. Sehr gefürchtet, weil lebensbedrohend und die Lebensqualität beeinträchtigend, sind Fontan-Komplikationen wie das Eiweißverlustsyndrom. Es tritt als Bronchitis Plastica (BP) und/oder als Proteinverlust-Enteropathie (PLE) auf.
Bei BP gelangt nach Lymphfehlbildungen Lymphflüssigkeit in die Lunge und gerinnt dort. Es entstehen sogenannte Casts, die aussehen wie Silikon-Ästchen. Tatsächlich sind es die Abbilder der Bronchien. Oft entzündet sich dadurch die Lunge, und beim Cast-Abhusten leiden die kleinen und großen Fontan-Patienten unter Atemnot, massiven Hustenattacken, beängstigenden Knistergeräuschen und traumatisierenden Erstickungsanfällen.
Bei PLE geht das Eiweiß über den Darm verloren. Begleiterscheinungen sind unter anderem Wasseransammlungen (Pleuraergüsse, Aszites usw.), extreme Bauchschmerzen, Durchfall, Schwindel und Übelkeit.
Erkrankungen wie PLE und BP sind nur schwer zu stoppen. Fontanherzen e. V. lässt nichts unversucht, damit lindernde, besser noch heilende Therapien und ein Schutz davor gefunden werden. So organisieren wir anderthalbjährlich unser Magdeburger Fontan-Herz-Symposium mit internationalen Spezialisten, das simultan übersetzt (Deutsch – Englisch, Englisch – Deutsch) in alle Welt gestreamt wird.
Auch viele Familien mit herzkranken Kindern sowie herzkranke Erwachsene (mit und ohne Fontan-Kreislauf) werden Mitglied oder Fördermitglied bei Fontanherzen e. V., um mitzuhelfen, wichtiges Wissen für alle herzkranken Menschen kompakt bündeln zu können. Denn Forschung für seltene Erkrankungen – dazu gehört Forschung für seltene Herzfehler – bringt immer auch Erkenntnisse für die Gesunderhaltung aller Menschen. Fontan-Forschung kann besonders Forschungs-Erkenntnisse zum Lymphsystem für zum Beispiel Sportler, Onkologie-Patienten, die Kosmetik und Lympherkrankungen ergeben.
Herz-Gesundheit geht uns alle an. Noch immer sind Herz-Kreislauferkrankungen die häufigste Todesursache!
Was bei BP und PLE hilfreich und lindernd sein kann, beinhaltet unser nächster Blog-Post.