Vor der Fontan-OP
Allgemeine Vorbereitung vor der Geburt und vor den Fontan-OP
1. Information und Aufklärung
Die Diagnose „halbes Herz“ während der Schwangerschaft oder nach der Geburt ihres Babys trifft die meisten jungen Paare heftig. Eine Fülle an Fragen taucht auf. Kann unser Kind überhaupt mit nur einer Herzkammer leben – oder ist es nach einer Operation wieder gesund? Was bedeutet das für uns als Familie? Mit wem können wir über all unsere Fragen reden? Wer hat diese Situation bereits gemeistert und kann Tipps geben?
Jede unserer Mitgliedsfamilien geht zwar ihren eigenen Weg, dennoch ähneln sie sich in vielem.
Allgemeingültiges:
- am wichtigsten ist eine gute kinderkardiologische Aufklärung
- Was bedeutet es für mein Kind, ein Einkammerherz zu haben? Wie sehen die OP-Schritte (u. a. Norwood, Glenn, TCPC*) aus?
- der Austausch mit anderen betroffenen Familien (z. B. über den Mitglieder-Austausch bei Fontanherzen e. V.) gibt Einblick in unterschiedliche Herangehensweisen nach der Diagnose, Behandlungsschwerpunkte in den operierenden Kliniken und größere Sicherheit beim Treffen wichtiger Entscheidungen
2. Emotionale Vorbereitung
Der Start ins Familienleben mit gesunden Neugeborenen unterscheidet sich komplett von dem mit schwer herzkranken Babys. Muss der Säugling im Krankenhaus bleiben, beginnt für die Eltern eine Zeit voller Sorgen und Ungewissheit. Die Situation ist zweifach neu: Zum einen verändert ein Neugeborenes per se den Alltag. Zum anderen wirkt das, was vor der Familie liegt, beängstigend und unwirklich.
Die meist kalte Krankenhausumgebung mit ihrem sterilen Geruch, Kabeln, piepsenden Maschinen, die notwendig sind für die Behandlung, kann eine belastende Atmosphäre schaffen.
Auch eine innere Zerrissenheit zwischen der unbeschreiblichen Freude, sein Baby im Arm halten zu können, und der tiefen Traurigkeit beim Gedanken an die Schmerzen, denen es schon in den ersten Lebenswochen ausgesetzt sein wird, ist möglich.
Obwohl sich Ärzte und Pflegepersonal gut kümmern und auch die Familie Anteil nimmt, fühlen sich viele Eltern oft allein. Niemand von ihnen kann wirklich verstehen, was man durchmacht. Nur die Mütter, Väter und Geschwister, die ähnliche Kämpfe bestreiten müssen.
Es ist deshalb ratsam, sich auf eine Achterbahnfahrt der Gefühle einzustellen – von intensivstem Schmerz bis hin zum unerschütterlichen Glauben an die Stärke seines Kindes. Das schließt einen gewissen Grad an Verständnis für mögliche Komplikationen und Besonderheiten auf der Intensivstation ein.
Auch Vorabüberlegungen, wie man mit der Trennung umgeht, wenn das Baby gleich nach der Geburt auf die Kinderintensivstation kommt, können diese schwierige Situation besser ertragbar machen.
Fotos vom Baby nach der Geburt oder Abdrücke der Füßchen sind Erinnerungen von großem Wert für die Zeit, in der man sein Kind nicht bei sich hat.
Ebenso emotional und schwer zu ertragen ist anfangs der Anblick des Babys/Kindes an Schläuchen, mit Narben, Drainagen und den vielen Medikamenten-Bäumen. Hierauf sollten Sie vorbereitet sein.
3. Organisatorisches
Erfahrungsgemäß sind die Eltern im Wechsel in der Klinik bei ihrem Baby. Der jeweils andere versucht zu Hause, wenn möglich, den normalen Alltag aufrecht zu erhalten – vor allem, wenn Geschwister zu versorgen sind.
- jedes Elternteil benötigt seine eigene Kliniktasche mit Dingen für mehrere Tage: u. a. legere Kleidung und bequemes Schuhwerk, Nachtwäsche, Hygieneartikel – mehr siehe unten
- frühzeitig nach Unterbringungsmöglichkeiten für Eltern (Ronald McDonald-Haus, Pension etc.) in Kliniknähe fragen
Hilfreich für den Krankenhausaufenthalt – nach OP 1 (Neugeborene)
Für das Baby auf der Intensivstation
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- Schnuffeltuch/Schmusetuch
- evtl. Schnuller
- Musikspieluhr mit beruhigender Melodie (die evtl. schon in der Schwangerschaft genutzt wurde)
- kleines Stofftier oder Symbol (z. B. Glücksbringer, Engel), das am Bett befestigt werden kann
- Foto von den Eltern/Geschwistern für den Sichtbereich am Bettchen (Folie oder laminiert)
- für vertraute Stimmen sorgen: Eltern/Geschwister/Großeltern sprechen kleine Botschaften, Lieblingsgeschichten o. ä. ein (z. B. auf Tonie-Figur, MP3-Player)
Für die Eltern
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- bequeme Kleidung für die Klinik
- Pumpe für Muttermilch
- warme Socken/Pullover (es ist oft kühl auf Intensivstationen)
- Snacks, Wasserflasche, Kopfhörer
- Tagebuch oder Notizheft für Gedanken, Fragen, Fortschritte des Kindes
- kleine Rituale für den Abschied, wenn man nachts nicht bei seinem Kind sein kann
Hilfreich für den Krankenhausaufenthalt – nach OP 2 (6–9 Monate)
Tipps für Babys
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- emotionale Stabilität schaffen
- Fotoalbum aus abwischbarem Material mit Familienfotos, Haustier, Lieblingsspielzeug (oder laminierte Fotos)
- Stoffbuch oder Quietbook mit bekannten Motiven
- Toniebox oder MP3-Player mit gewohnten Geschichten oder Liedern
- beruhigender Geruch: T-Shirt von Mama/Papa im Bettchen (wenn erlaubt)
- Schnuller, wenn er verwendet wird, mehrere mitnehmen
Beschäftigungen im Krankenhaus
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- Silikonbeißringe (desinfizierbar)
- Greifspielzeug, das leicht zu reinigen ist
- Bücher aus Kunststoff (abwischbar)
- Baby-Mobile über dem Bett (nach Rücksprache mit dem Pflegepersonal)
Hilfreich für den Krankenhausaufenthalt – nach OP 3 (Fontan-Komplettierung, 2–3 Jahre)
- Vertrautheit und Autonomie stärken
- eigenes Kissen/Bettwäsche (wenn erlaubt) mit vertrautem Motiv
- abwischbares Fotoalbum mit Familienfotos, vom Haustier, Lieblingsspielzeug usw. (oder laminierte Fotos)
- „Krankenhauskoffer“ mit Lieblingsdingen, z. B.:
- Lieblingsbuch
- Kuscheltier (waschbar)
- Hörspiele von zuhause
- kleines Spielset (z. B. Magnetspiel, Duplofiguren etc.)
- Sticker oder kleines Malbuch zur Beschäftigung und Ablenkung
- Familiennähe sichern
- Besuchszeiten mit Geschwistern ermöglichen (vorher absprechen)
- gemeinsames Foto am Bett machen
- Fotos von zu Hause – z. B. vom Haustier oder Spielplatz – zeigen
Für die Seele – für Eltern und Kind
- Routinen schaffen
- wenn möglich: jeden Tag zur gleichen Zeit vorlesen, singen oder da sein
- kleine Rituale, z. B. „Gute-Nacht-Kuss auf den Finger“, den man dem Kind in die Hand gibt
- Kommunikation mit Pflegepersonal
- Wünsche ans Bettchen hängen oder direkt ansprechen (Was ist dem Kind wichtig? Welche Rituale kennt es?)
- Fragen stellen, mitdenken – man ist Teil des Teams
- Psychosoziale Begleitung nutzen
- Kliniksozialdienst, Seelsorge oder psychosoziale Fachkräfte ansprechen – auch schon vor der Geburt
- Angebote für Geschwisterkinder wahrnehmen
- Selbstfürsorge für die Eltern
- sich Pausen gönnen, um Kraft zu tanken – nur starke Eltern können den Klinikmarathon mit ihren Kindern erfolgreich meistern
- Unterstützung von Familie und Freunden annehmen
- nicht alles alleine schaffen wollen – Hilfe bei der Geschwisterbetreuung, im Haushalt etc. organisieren
Vorschläge und Ideen für die Kliniktasche fürs Baby/Kleinkind
- 2 Schnuffeltücher mit elterlichem Geruch
- Musikspieluhr oder Toniebox
- abwischbares Fotoalbum oder laminierte Fotos
- Kleidung für den Tag der Entlassung
- Lieblingsspielzeug/Buch (desinfizierbar)
- Hörgeschichte (auf Tonie oder Stick)
- Familienfoto fürs Bettchen
- Tagebuch/Notizbuch für Eltern
Beim ersten Krankenhausaufenthalt sollte man notieren, was man beim nächsten Mal unbedingt mitnehmen möchte.
* Glenn, Norwood und TCPC sind die am häufigsten durchgeführten Operationsarten zur Herstellung des Fontan-Kreislaufs. Daneben gibt es alternative oder ergänzende OP-Verfahren.
1. Blalock-Taussig-Shunt (BT-Shunt)
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- wird manchmal vor der Norwood-OP eingesetzt
- verbindet die Subclavia-Arterie mit der Pulmonalarterie und dient der Verbesserung der Lungendurchblutung bei zyanotischen Neugeborenen
2. Sano-Shunt
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- Alternative zum Blalock-Taussig-Shunt bei der Norwood-OP
- verbindet den rechten Ventrikel direkt mit der Pulmonalarterie und kann zu stabilerer Hämodynamik führen
3. Hemifontan-OP
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- Variante oder Zwischenstufe zur Glenn-OP
- wird manchmal gewählt, um die Belastung für das Herz besser steuern zu können
4. Hybridverfahren
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- Kombination aus interventionellen Kathetertechniken und minimalinvasiver Chirurgie
- wird vor allem bei sehr kleinen oder instabilen Neugeborenen eingesetzt – Beispiel: Stenting des Ductus arteriosus und Pulmonalarterien-Banding
5. Herztransplantation
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- in seltenen Fällen, wenn die Fontan-Zirkulation nicht funktioniert oder andere schwere Defekte vorliegen
- kommt meist später infrage, wenn alle anderen Optionen ausgeschöpft sind